Deutliches «Ja» zur «Regionalisierung» der Evangelisch-methodistischen Kirche
Methodistische Kirchenregionen innerhalb und ausserhalb der USA erhalten die gleichen Rechte. Eine entsprechende grundlegende Änderung der Kirchenordnung wurde an der Tagung der Generalkonferenz in Charlotte (USA) deutlich angenommen.
In einer ersten grossen Abstimmung hat die Generalkonferenz, das oberste Leitungsgremium der weltweiten Evangelisch-methodistischen Kirche (The United Methodist Church), am 25. April 2024 der «Regionalisierung» deutlich zugestimmt. Damit ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg hin zu einer grundlegenden Neuordnung der Zusammenarbeit in der EMK getan worden. Damit die Änderung der Kirchenordnung in Kraft tritt, ist auch noch die Zustimmung der Jährlichen Konferenzen erforderlich.
Deutliche Mehrheit
Der scheidende Präsident des Bischofsrates, Thomas J. Bickerton sprach nach der Abstimmung von einem «historischen Tag für unsere Kirche». Die für die Änderung der Kirchenordnung notwendige Zweidrittel-Mehrheit wurde deutlich erreicht. 586 Delegierte stimmten für die entsprechende Änderung, 164 stimmten dagegen. Die Neuregelung wurde demnach mit 78% der Stimmen angenommen.
Aussergewöhnlich ist, dass die Abstimmung zu dieser Frage dem Plenum der Generalkonferenz bereits in der ersten Woche zur Entscheidung vorgelegt wurde. Wichtige Vorschläge wurden bis anhin in der Regel erst in der zweiten Woche der Tagung behandelt.
Weniger US-zentriert
Das Stichwort «Regionalisierung» ist in der Debatte innerhalb der weltweiten EMK zu einer Abkürzung für eine Vorlage geworden, deren Annahme die weltweite Struktur der Kirche grundlegend neu ordnet. Die Zentralkonferenzen – Kirchenregionen in Afrika, Europa und auf den Philippinen – und die EMK in den USA erhalten dadurch dieselbe Befugnis, die Kirchenordnung anzupassen. Zudem erhält die EMK in den USA nun mit einer eigenen Regionalkonferenz die Möglichkeit, die nur die USA betreffenden Fragen zu behandeln. Bislang werden solche Entscheidungen, etwa zu Renten und Vorsorgeleistungen für die Angestellten der EMK in den USA, im Rahmen der Generalkonferenz getroffen.
Die Anpassungen, die Regionalkonferenzen an der Kirchenordnung vornehmen können, sollen ermöglichen, nationalen Gesetze der Länder und Regionen zu berücksichtigen, in denen die EMK tätig ist. Sie dürfen jedoch nicht von den Glaubensartikeln und dem Glaubensbekenntnis der EMK abweichen.
Vielfältige Vorarbeit
Der Ständige Ausschuss für Zentralkonferenzen-Angelegenheiten der – ein Ausschuss der Generalkonferenz, dessen Mitglieder mehrheitlich aus den Zentralkonferenzen stammen – hatte die acht Petitionen zum Vorschlag der weltweiten Regionalisierung eingereicht.
Christine Schneider (Schweiz), Laienmitglied des Ausschusses, vertrat, zusammen mit anderen Mitgliedern, die Verfassungsänderung an der Generalkonferenz. «Ich stehe heute Morgen voller Hoffnung und auch mit Spannung vor ihnen», sagte sie vor der Abstimmung. Unter anderem skizzierte sie noch einmal, wie der vorliegende Antrag aus der Vor- und Zusammenarbeit unterschiedlicher Gruppen entstanden war. «Dies ist das Ergebnis einer hervorragenden Zusammenarbeit von Menschen aus allen Lebensbereichen und aus allen Teilen unserer Connexio», sagte Schneider.
Pfarrer Emmanuel Sinzohagera aus Burundi sagte nach der Annahme, die Abstimmung sei ein freudiger Moment, welcher der Kirche «eine neue Art von Energie» gebe. «Das ist ein guter Anfang. Ein neuer, frischer Start. Die Neufassung ist dynamisch, sie ist ein Prozess.» Es gebe noch viele Fragen zu klären. «Lassen Sie uns weitermachen. Es gibt Raum für Verbesserungen», sagte Sinzohagera.
Nicht alle gewählten Delegierten anwesend
Judi Kenaston aus den USA hat die Regionalisierungsbemühungen seit 2017 begleitet. An einer Pressekonferenz nach der Abstimmung nahm sie Bezug auf besorgte Stimmen angesichts der grossen Zahl afrikanischer Delegierter, die keine Visa für die Teilnahme an der Tagung erhalten konnten. Bis zum Eröffnungstag der Generalkonferenz am 23. April waren nur 751 von 862 gewählten Delegierten eingetroffen – die Mehrheit der Abwesenden kam vom afrikanischen Kontinent.
«Eine der Befürchtungen war, dass sich die Abwesenheit dieser Delegierten auf die Generalkonferenz auswirken würde», sagte Kenaston an der Pressekonferenz. «Aber die Gesamtzahl der Stimmen, die wir hatten, war grösser als die Zahl, die wir gebraucht hätten, wenn alle anwesend gewesen wären. Die positiven Stimmen wären auch dann gültig gewesen, wenn die Abwesenden alle dagegen gestimmt hätten.»
Fragen bleiben
Kritische Stimmen beklagten vor allem, dass die Neustrukturierung innerhalb der USA dazu führen könnte, in der Kirchenstruktur verankerte diskriminierende Tendenzen weiter zu zementieren. Ein «inhärent rassistisches System» werde auf diese Weise beibehalten, sagte etwa Odell Horne, ein Delegierter aus North Georgia.
Auch James Labala aus Liberia hatte gegen die Regionalisierung in der vorgelegten Form gestimmt. «Wenn Amerika eine einzige Region sein kann, warum nicht auch Afrika?», fragte er. Seiner Meinung nach werde die Regionalisierung den Einfluss Afrikas in der weltweiten EMK schwächen, obwohl die Kirche auf dem afrikanische Kontinent weiter stark wachse.
Handlungsfähig werden
Die neue Präsidentin des Bischofsrats, Bischöfin Tracy Smith Malone, leitete die Sitzung, in der die Vorlage zur Regionalisierung behandelt wurde. An der Pressekonferenz nach der Abstimmung sagte sie: «Wir sind eine wunderbare, vielfältige, internationale weltweite Kirche, und der Regionalisierungsplan spiegelt genau das wider.» Er dezentralisiere die Kirche und baue Kolonialismus ab. Zugleich gebe er den einzelnen Kirchenregionen «ein Gefühl der Handlungsfähigkeit, ein Gefühl der Autonomie, während wir immer noch missionarisch verbunden bleiben, immer noch als ein Leib – Menschen, die sich Methodistinnen und Methodisten nennen.»
Um ratifiziert zu werden, ist nun nach der Zustimmung der Generalkonferenz auch eine Zweidrittelmehrheit der Stimmberechtigten der Jährlichen Konferenzen erforderlich. Diese werden an ihren kommenden Tagungen über die Änderung abstimmen.
Autor: Sigmar Friedrich (Quellen: Heather Hahn, Eveline Chikwanah and Sam Hodges, UM News)
Bild: Christine Schneider (EMK Schweiz) spricht zum Anliegen der Regionalisierung. Im Hintergrund ist Bischof Harald Rückert aus Deutschland zu sehen. (Foto: Mike DuBose, UM News)
Regionalisierung
Der Änderungsantrag sieht vor, dass die EMK in den USA und die Zentralkonferenzen neu jeweils «Regionalkonferenzen» bilden. Alle Regionalkonferenzen sollen folgende Befugnisse, die Zentralkonferenzen zum Teil jetzt schon hatten, erhalten:
• Sie können eine regionale Kirchenordnung mit Gesetzen und Bestimmungen über die kirchlichen Strukturen innerhalb ihrer Grenzen aufstellen und veröffentlichen, einschliesslich der Qualifikationen und Ausbildungsanforderungen für pastorale Mitglieder.
• Sie können Anforderungen für den Charakter und andere Qualifikationen für die Zulassung von Laienmitgliedern festlegen.
• Sie können ein regionales Gesangbuch und kirchliche Liturgien einführen und veröffentlichen. Die Liturgien müssten mit den Kernlehren der weltweiten EMK übereinstimmen und mit den örtlichen Gesetzen vereinbar sein.
• Die Jährlichen Konferenzen sollen die Möglichkeit haben, Strukturen zu schaffen, die ihrem Auftrag angemessen sind, wobei die von der Generalkonferenz vorgegebenen Strukturen beibehalten werden.
• Die Regionalkonferenzen sollen ausserdem die Jährlichen Konferenzen als die grundlegenden Organe der Kirche anerkennen, insbesondere in allen Fragen, die den Charakter und die Konferenzbeziehungen ihrer ordinierten Personen betreffen.
• Die durch die Regionalkonferenzen vorzunehmenden Anpassungen sollen mit den nationalen Gesetzen übereinstimmen und dürfen nicht von den Glaubensartikeln und dem Glaubensbekenntnis abweichen, die wesentlichen Elemente des Glaubens an die Auferstehung Christi, die Dreieinigkeit und die Sakramente der Taufe und des Abendmahls enthalten.