Eigentlich wäre das Dorcas-Resort in Ungarn ein sehr schöner Ort, um Ferien zu machen. Nur entspricht das, was «eigentlich» wäre, nicht immer dem, was tatsächlich ist…
Debrecen ist die zweitgrösste Stadt Ungarns und liegt im Osten des Landes. Nach Rumänien sind es rund 35 Kilometer, in die Ukraine deren 125. Nur wenige Kilometer ausserhalb der Stadt, in Erdőspuszta, befindet sich ein rund 5,5 Hektaren grosses Feriengelände. Seit der Gründung der Organisation «Dorcas Ministries» im Jahr 1991 ist dieses Gelände Teil eines umfassenden Dienstes für die Menschen in Ungarn – insbesondere für solche, die in Armut und am Rand der Gesellschaft leben. Doch in den Bungalows hat seit vielen Monaten niemand mehr seinen Urlaub verbracht. Denn seit dem Februar 2022 hat das Dorcas-Zentrum eine viel existenziellere Bedeutung: Rund 250 aus der Ukraine geflohene Menschen haben hier eine Zuflucht gefunden. 90% von ihnen sind Roma.
Auch die Evangelisch-methodistische Kirche (EMK) in Ungarn unterstützt die Menschen in diesem Camp. Indem sie beispielsweise jede Woche 60 kg Brot liefert – seit Monaten schon. Oder indem sie in Zusammenarbeit mit einer EMK-Gemeinde in New Mexico (USA) Heizsysteme für die zuvor während der Winterzeit nie benutzten Holz-Bungalows beschaffte. Aber auch, indem sie jenen Menschen, die dies suchen, in der EMK-Gemeinde Debrecen eine geistliche Heimat und eine tragfähige Gemeinschaft anbietet.
Und weil es zwischen der Leitung der Organisation «Dorcas Ministries» und der EMK eine vertrauensvolle Beziehung gibt, erfuhr die Kirche aus erster Hand, dass über dem Camp dunkle Wolken aufgezogen waren: Messungen hatten ergeben, dass die Schadstoff-Belastung des Trinkwassers so sehr zugenommen hatte, dass dringend Massnahmen ergriffen werden mussten, um die Versorgung der im Camp lebenden Menschen mit einwandfreiem Trinkwasser sicherzustellen.
Nur: Diese Massnahmen konnten unmöglich umgesetzt werden, während die geflüchteten Menschen im Camp lebten. Die Gefahr wäre viel zu gross gewesen, dass jemand von der giftigen Reinigungslösung getrunken hätte, die während 20 Stunden im Leitungssystem verbleiben musste.
Also galt es, in der letzten Septemberwoche die 250 geflüchteten Menschen und rund 20 Helferinnen und Helfer für zwei Tage in ein zweieinhalb Autostunden nördlich von Debrecen gelegenes Ferienzentrum zu bringen. Dort wartete ein vielseitiges Programm auf die Menschen – Spiele, Angebote zur sportlichen oder kreativen Betätigung, Gesprächsgruppen, aber auch ein Gottesdienst und weitere geistliche Elemente. Das Essen war ausgezeichnet, das Wetter wunderschön, und so trugen sowohl die Rahmenbedingungen als auch das Programm dazu bei, dass sich die Menschen öffneten, und dass die anfänglichen Sorgen einer fröhlichen Gelassenheit wichen.
Als die grosse Gruppe am zweiten Tag ins Camp zurückkehrte, sprudelte zur Freude aller sauberes Trinkwasser aus den Wasserhahnen. Die Kosten für Bustransport, Verpflegung, Übernachtung und Reinigung des Leitungsnetzes wurden weitgehend von der EmK-Weltmission in Deutschland getragen. Gerade auch dank des wertvollen Engagements der EMK kann der Durst der Menschen weiterhin und ganz neu gestillt werden. Der Durst nach Wasser. Aber auch der Durst nach Geborgenheit, Gemeinschaft, Hoffnung und Zukunft.
Quelle: Urs Schweizer, Zürich (Schweiz) / Lukács Ábel Kiss, Direktor von «Dorcas Ministries»