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«Was wollen wir miteinander erreichen?»

Methodistische Leitungspersonen aus den Ländern der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa trafen sich vom 13. bis 18. März in Wien. Berichte und Beratungen, Zeiten des gemeinsamen Feierns und ein Thementag zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen standen auf dem Programm. Doch geschehen ist noch etwas anderes.
 
«Es war deutlich spürbar, dass der Wille zu einem Neubeginn vorhanden war», schreiben Lea Hafner und Serge Frutiger über die Tagung des Exekutivkomitees der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa.
 
Viele zurückliegende Tagungen sowohl des Exekutivkomitees als auch der Delegierten aus den 13 Ländern der Zentralkonferenz waren geprägt gewesen vom Ringen um Fragen der menschlichen Sexualität. Dass der Umgang mit diesen Unterschieden nun eine Klärung erfahren habe, klar sei, welche Kirchengebiete Teil der United Methodist Church bleiben und welche nicht, und zusätzlich der Wechsel von Bischof Patrick Streiff zu dessen Nachfolger Bischof Stefan Zürcher – all dies seien Faktoren, die einen Neubeginn unterstützt hätten, sagt Distriktsvorsteher Serge Frutiger.
 
«In unseren Gesprächen war das bestimmende Thema nun wieder die Frage: Was wollen wir miteinander erreichen?» Bei allen Unterschiedlichkeiten gebe es in der kirchlichen Arbeit in den einzelnen Ländern eben sehr viele ähnliche Herausforderungen und Themen, fährt er fort. Deutlich wurde das nicht zuletzt am Samstag beim Thementag zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.
 
Für diesen Thementag waren Verantwortliche für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen aus acht Ländern angereist. Mit den Delegierten des Exekutivkomitees tauschten sie aus über gegenseitige Erwartungen und Hoffnungen – und über die Herausforderungen und Realitäten, die sie als Angehörige ihrer jeweiligen Generation erfahren.
 
Die Arbeitsgruppe «Kinder und Jugend» wurde an der Tagung neu gegründet, nachdem es sie einige Jahre nicht mehr gegeben hatte. Sie besteht aus Verantwortlichen der Arbeit mit Jugendlichen aus den meisten Ländern der Zentralkonferenz. Das Co-Präsidium nehmen Ivana Pastor aus Serbien und Cedric Zangger aus der Schweiz wahr.
 
«Von Seiten des Exekutivkomitees war eine grosse Bereitschaft zu spüren, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu unterstützen und zu fördern», beschreibt Cedric Zangger seinen Eindruck von dem Austausch. Für die Zusammenarbeit zwischen der Arbeitsgruppe und dem Exekutivkomitee sei so eine konstruktive und wohlwollende Grundlage für die weitere Zusammenarbeit geschaffen worden.
 
«Für unsere Arbeit in der Schweiz nehme ich mit, dass die internationale Zusammenarbeit zu gegenseitig wertvollen Impulsen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen führt», sagt Cedric Zangger. Serge Frutiger unterstreicht die Bedeutung dieser Erfahrung. Es sei wichtig, die Vernetzung in den Ländern der Zentralkonferenz für junge Menschen erfahrbar zu machen.
 
«Sehr viele von denen, die sich heute in der Exekutive engagieren, haben diese Erfahrungen in ihrer Jugendzeit gemacht», sagt Serge Frutiger. Sie seien dabei methodistisch international über die Landesgrenzen hinaus geprägt worden. «Viele von uns haben darunter gelitten, dass das einige Jahre lang nicht mehr stattfand.» Der Neustart nun sei darum auch ein sehr emotionaler Moment gewesen. «Das hat uns alle, glaube ich, ziemlich tief berührt und hat die ganze Tagung als Highlight überstrahlt.»
 
Einen weiteren Schwerpunkt, ebenfalls ganz im Zeichen eines Neubeginns, bildete die Weiterarbeit an neuen Arbeitsweisen innerhalb des Komitees. Bereits an der letzten Tagung der Exekutive war damit begonnen worden. «Wir haben angefangen, uns grundsätzliche Fragen zu den Arbeitsgruppen zu stellen: Wie sind die entstanden? Was ist ihre Aufgabe? Warum gibt es die? Wie arbeiten sie miteinander?»
 
Der Austausch fand in kleinen Gruppen statt. «Das hat sehr aufgelockert und ist auch fruchtbarer gewesen, als immer in der grossen Runde Diskussionen zu führen», meint Serge Frutiger. Ausserdem sei es einfacher, sich in der kleinen Gruppe zu beteiligen. Denn die Konferenzsprache Englisch sei ja für alle eine Fremdsprache. Gerade für Personen, die weniger gut Englisch sprächen, sei es einfacher, sich in einer Fünfergruppe am Gespräch zu beteiligen als im grossen Plenum.
 
Immer wieder hat sich im Austausch gezeigt, dass die methodistische Kirche bei aller Unterschiedlichkeit in den einzigen Ländern doch vor denselben Herausforderungen und Fragen steht. Gesellschaftliche Fragen wie Migration, neue Lebens- und Familienmodelle, Generationenfragen, die sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich, ökologische Fragen und der Blick in eine unsichere Zukunft, der Umgang mit Sozialen Medien und andere Themen stellen die kirchliche Arbeit in allen Ländern vor eine Herausforderung.
 
In allen Ländern steht die methodistische Kirche zudem vor der Frage, wie Personen für den pastoralen Dienst gewonnen werden können. «Was wir in der Schweiz schon länger als Thema haben, wird auch in den östlichen Ländern nun vermehrt anspruchsvoll: junge oder ältere Leute als Pfarrpersonen zu gewinnen.» Das verbinde sich mit Fragen nach einer angemessenen Ausbildung. «Wieviel Theologie benötigt es – und wieviel ‹Herzens- oder Charakterbildung›, damit diese Personen eine Gemeinde leiten können?»
 
Auch das Miteinander von Jüngeren und Älteren in den Gottesdiensten sei ein grosses Thema gewesen, sagt Serge Frutiger weiter. Wie funktioniert das? Worauf kommt es an? – Er erzählt das Beispiel einer jungen Frau aus Ungarn: Immer wieder besucht diese junge Erwachsene einen katholischen Gottesdienst. Gestaltet ist dieser Gottesdienst klassisch liturgisch. Das entspricht nicht dem, was sie sonst wählen würde.
 
Doch die Predigt spricht an und der Priester biete am Ende des Gottesdienstes eine Besonderheit: «Da gibt es dann eine ‹Fragen- und Antwortstunde›.» Die Besucherinnen und Besucher könnten dann ihre Fragen stellen. «Und was die junge Frau beeindruckt, ist: Der Priester hat eben nicht auf alles eine Antwort.» Anders die Methodistinnen und Methodisten, die sie kennt. Die hätten oft eine Antwort auf fast alles. «Doch ihr tut es gut, dass dieser Priester eben nicht immer eine Antwort hat», sagt Serge Frutiger, »und das ist ja typisch für junge Leute auch in unserem Kontext.»
 
Auch die besondere Form, wie die gemeinsamen Andachten gestaltet waren, war ein wichtiger Teil der neuen Gemeinsamkeit. Bozena Daszuta aus Polen und Pfarrerin Erica Stalcup aus Lausanne hatten entlang der vier Himmelsrichtungen pro Tag jeweils drei Länder aus der Zentralkonferenz in den Mittelpunkt gestellt. «Im Vorfeld hatten sie aus diesen Ländern Lieder erbeten. Wir haben dann diese Lieder gesungen – mal aus Albanien oder Nordmazedonien oder Polen...» Jeweils die Personen aus den entsprechenden Ländern hätten alle anderen dabei angeleitet. «Das waren sehr schöne und verbindende Momente» sagt Serge Frutiger. «Diese geistlichen Feiern haben uns als Gemeinschaft zusammengeführt und tief berührt.» Neubeginn eben.
 
Autorin/Autoren: Sigmar Friedrich, Serge Frutiger, Lea Hafner (Schweiz)