Unter dem Titel «Befähigt vom Geist Christi» wandte sich Bischof Patrick Streiff heute ein letztes Mal in seiner Amtszeit mit einer Bischofsbotschaft an die Mitglieder und Freunde der EMK seines Bischofsgebietes. Er ermutigte, sich auf das erneuernde Wirken des Geistes Gottes einzulassen.
Die EMK im Bischofsgebiet von Mittel- und Südeuropa steht vor tiefgreifenden Veränderungen. In Basel beraten in diesen Tagen Delegierte aus den 13 Ländern darüber, wie ein gemeinsamer Weg in die Zukunft aussehen könnte. Und sie wählen eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Bischof Patrick Streiff. Dieser wandte sich heute zum letzten Mal in seiner Amtszeit mit einer Bischofsbotschaft an die Mitglieder und Freunde der EMK in seinem Bischofsgebiet.
Herausforderung «Individualisierung»
Unter dem Titel «Befähigt vom Geist Christi» griff Bischof Streiff in seiner Bischofsbotschaft die Veränderungsprozesse in der methodistischen Kirche seines Bischofsgebiets nur indirekt auf. Er suchte vielmehr aufzuzeigen, wie die Diskussionen und Spannungen Ausdruck sind von und befördert würden durch gesellschaftliche Entwicklungen. Zu ihnen gehöre etwa die fortschreitende Individualisierung. Daraus entstünden «Probleme für den Zusammenhalt der Gesellschaft und für den Umgang mit Verlust- und Leiderfahrungen».
Ich-bezogene Social Media
Offen zutage treten für den Bischof diese problematischen Tendenzen in den Sozialen Medien, die «in bisher ungeahnter Weise anfällig sind, ein völlig Ich-bezogenes Mitteilungsbedürfnis zu fördern, ohne dass man auf ein Gegenüber hören muss.» Auch der zu beobachtende Wandel hin zu einer Identitätspolitik sei vor diesem Hintergrund zu verstehen.
Gesellschaftliche und kirchliche Konfliktfelder
Als weitere, teils mit diesen Beobachtungen verknüpfte oder verknüpfbare Aspekte der in der Gesellschaft sich vollziehenden Entwicklungen verwies der Bischof beispielsweise auf die Corona-Pandemie und die durch sie entstandenen Verwerfungen. Oder auf die «innerkirchlich … heiss diskutierte Thematik der menschlichen Sexualität». Auch sei das Berufsbild der Pfarrpersonen vielseitiger und anspruchsvoller geworden. «Zugleich ist ein Gemeindepfarramt nicht mehr mit einem geschätzten Status in der Gesellschaft verbunden», so Bischof Streiff.
Tragfähige Gemeinschaft aufbauen
Unter Rückgriff auf die biblische und die eigenkirchliche Tradition suchte Bischof Streiff in diesem Kontext zu beschreiben, wie der Geist Christi Menschen der EMK befähigt, mit den anstehenden Herausforderungen umzugehen und glaubwürdig Kirche zu leben. Er mahnte eine «Weisheit des Herzens» an, die die Lebensführung präge. «Im Zentrum dieser Weisheit steht nicht intellektuelles Wissen oder christliche Lehre, sondern der Aufbau einer tragfähigen Gemeinschaft.»
Gemeinschaft unterschiedlicher Individuen
Das vollziehe sich zuerst in und an der Kirche selbst. «Denn zum einen fügt Christus uns in eine Gemeinschaft mit anderen Menschen ein, die wir uns nicht selbst ausgesucht haben.» Doch diese Gemeinschaft sei nicht ein «Einheitsbrei», in der «unsere Individualität und unterschiedliche Persönlichkeit» aufgehoben würden. «Selbst der Geist Christi bewirkt Unterschiedliches in jedem Einzelnen – immer mit dem Ziel, Gemeinschaft im Leib Christi aufzubauen».
Eine «Bundesgemeinschaft»
Kirche sei nicht eine «Vertragsgemeinschaft», sondern eine «Bundesgemeinschaft». Verträge brächten Vorteile, Bundesschlüsse Veränderung. «Verträge führen zur Zusammenarbeit von ‹Ichs›, die eigenständig bleiben. Bundesschlüsse schaffen ein ‹Wir›.» Allerdings seien «im Zusammenhang des Streits um gleichgeschlechtlich gelebte Beziehungen unterschiedliche Gefährdungen der Bundesgemeinschaft zum Ausdruck gekommen.»
Einheit und Freiheit
Im Blick auf die Zukunft der EMK in seinem Bischofsgebiet hoffe und bete er, «dass wir in möglichst grosser Einheit einen gemeinsamen Weg in die Zukunft beschreiben und dann auch beschreiten können». Doch sei es auch wichtig, hilfreiche Regelungen dafür zu finden, «dass jene, die es wünschen, in gegenseitigem Respekt ihren eigenen Weg gehen können».
Erneuerung des Lebens
Im Anschluss an seine früheren Bischofsbotschaften unterstrich Patrick Streiff erneut: «Für Methodistinnen und Methodisten steht die Liebe zu Gott und zu Mitmenschen im Zentrum, weil Gott uns zuerst geliebt hat. Dies wirkt sich auch im Verständnis der christlichen Lehre aus.» Unterschiede in der «Lehre» verlören dann an Gewicht. Entscheidend sei vielmehr, «ob es zur inneren Erneuerung im Herzen des Menschen kommt, die sich dann auch in der Lebensführung ausweist.»
Dankbarer Blick zurück
Trotz vieler Belastungen blicke er dankbar auf seine Zeit als Bischof zurück, sagte Bischof Streiff. «Ich selbst habe im aktiven Dienst als Bischof sehr vieles gelernt, was ich mir nie hätte träumen lassen, und was mich hat reifen lassen.» Nicht zuletzt in den aufgrund der Corona-Pandemie notwendig gewordenen «Zusatzschlaufen» seines aktiven Dienstes habe er «noch einmal in ermutigender Weise viele sichtbare Zeichen eines oft unsichtbaren Netzwerks von Gebet und Unterstützung erfahren».
Entscheidungen und Wahlen
Über die anstehenden Fragen zur Zukunft der EMK in Mittel- und Südeuropa beraten die Delegierten in Basel heute Nachmittag. Der erste Wahlgang für die Wahl zur Nachfolge von Bischof Patrick Streiff ist für den Abend geplant. Es wird mit mehreren Wahlgängen gerechnet, bis eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger bestimmt ist.
Autor: Sigmar Friedrich, Zürich
Foto: Bischof Patrick Streiff spricht zu den Delegierten in Basel. (Foto: Jörg Niederer)
Die Bischofsbotschaft einschliesslich der Predigt des Eröffnungsgottesdienstes ist hier in elektronischer Form zugänglich und kann in gedruckter Form im Sekretariat von Bischof Patrick Streiff in Zürich bestellt werden: urs.schweizer@umc-cse.org, Tel.: +41-44-299 30 60.